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Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at
03.02.2022 | Jasmin Degenhart

Glaubst du an Wunder?

Zu Jahresbeginn war eine weiße Schwalbe in meinem Kaffee. Am zweiten Tag von 2022. Wie ist sie dort hineingekommen? Und gibt es überhaupt weiße Schwalben – sind die nicht immer schwarz? Aber am besten von Anfang an.

Weiße Schwalben gibt es nicht  -  und es gibt sie doch.

Sie kommen aus Bulgarien, aus dem Jahr 1926, als der Schriftsteller Jordan Jovkov sie in der Erzählung „Die weiße Schwalbe“ zum Leben erweckte. Seither gibt es in Bulgarien das Konzept der weißen Schwalbe der Hoffnung. Eine weiße Schwalbe in meinem Kaffee zu entdecken, stimmt mich daher froh.

 

In seiner Erzählung beschreibt Jovkov die Suche nach einer weißen Schwalbe, die die todkranke jugendliche Tochter heilen soll, sobald sie sie sieht. Nur einmal in 100 Jahren gibt es überhaupt eine solche Schwalbe, sagt man sich.

So unwahrscheinlich die Begegnung mit einer weißen Schwalbe ist, die Eltern karren ihre Tochter in einem Leiterwagen von Dorf zu Dorf. Das Unterfangen ist selbstverständlich zum Scheitern verurteilt – doch die Hoffnung (auf Wunder) stirbt bekanntlich zuletzt.

 

 
Meinplan.at
 

© Weiße Schwalbe in meinem Kaffee

 
 

 

Aber sollen und müssen wir nicht auch immer wieder auf Wunder hoffen? Gerade als Christen?

Ich denke, gerade als Christen sind wir auf gewisse Art und Weise dafür prädestiniert, an Wunder zu glauben. Basiert doch unser Glaube auf etwas, das man mit dem „normalen Menschenverstand“ und auch mit wissenschaftlicher Physik und Biologie wohl kaum erklären kann.  Zugleich gilt es aber, das Leben auch praktisch und pragmatisch anzugehen, den Alltag und das Leben zu planen – gegebenenfalls auch ohne Wunder.

 

Mir scheint, dieses Spannungsverhältnis zwischen praktischem Planen des eigenen Alltags und der Offenheit für Unerwartetes ist wichtig für das Gelingen eines modernen Lebens. Deshalb gehen wir in den Gottesdienst oder zu anderen christlichen Versammlungen; dadurch eröffnen wir Räume, in denen wir vielleicht leichter das Wunder des Lebens spüren können.  Ignatius von Loyola hat gesagt, dass er umso leichter mit Gott in Verbindung treten konnte aufgrund seiner jahrelangen (jahrzehntelangen!) Übung, je älter er wurde.

 

 
Das nüchterne Planen von Momenten, in denen wir uns Wundern (Gott – denn von ihm kommen die Wunder ja auch) gegenüber öffnen, kann also dazu führen, dass wir eines Tages mit großer Leichtigkeit diese erleben.
 
 

 

Die bulgarische Schriftstellerin und Poetin Blaga Dimitrova hat als Antwort auf diese Erzählung von Jovkov, die jeder Bulgare kennt, übrigens ein Gedicht verfasst, in dem sie – von der Sozialen Realität eingeholt und ernüchtert – klar zeigt, dass weiße Schwalben nicht von alleine daher geflogen kommen, sondern selbst gemacht werden müssen. Denn nur die Träume, um die wir uns selbst kümmern, können auch Realität werden. Selbst, wenn wir es nicht zur Gänze in der Hand haben, ob und in welcher Form sie zutage treten.

 

Das Jahr 2022 ist noch jung.

 
Was ist deine weiße Schwalbe für dieses Jahr? Welcher Traum wartet in dir auf Verwirklichung?
 
 

„Wage es, zu träumen“, wage ich an dieser Stelle zu sagen. Und dann plane dir ganz langweilig das eine oder andere Zeitfenster, verteilt über die Woche, in dem du offen bist, einen Raum schaffst für ein Wunder, für Gott, für dich, in dem du das machst, was etwas in dir zum Erklingen bringt – vielleicht nur eine Viertelstunde. Das reicht vollkommen.

 

Zurück zum Ausgangspunkt:

Ich schau also am 2.1.2022 in meinen Kaffee, in den ich mir wie jeden Tag, Milch geschüttet habe. Und entdecke zufällig eine weiße Schwalbe. Wenn das mal kein Hinweis auf ein gutes Jahr ist.

Jasmin Degenhart

Als gebürtige Salzburgerin hat mich mein Weg nach einem längeren Aufenthalt in Wien wieder zurück nach Salzburg geführt. Hier schreibe ich an meiner Dissertation in russistischer Linguistik. In meiner Freizeit spielen Kreativität, Yoga & ignatianische Spiritualität eine große Rolle. 

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