AAA
Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at
12.12.2022 | Simeon Ryckembusch

Spirituelle WG – wie bitte?

Man fängt an zu studieren, zieht in eine neue Stadt und verlässt seine gewohnte Umgebung – seinen Freundeskreis, die Eltern, und oft auch die Heimatpfarre. Egal, ob du in deiner Jugend nur vier Mal im Jahr oder jede Woche in der Kirche warst, ob du in der lokalen Katholischen Jugend oder als Ministrant:in aktiv warst oder auch nicht: als gläubiger Christ tut es gut, eine Gemeinschaft zu haben in der man sich austauschen und im Glauben wachsen kann.
 

Manche finden diese Gemeinschaft in einer Organisation wie der KHJ, andere in einem Wohnheim, etwa dem Bischof-Paulus-Heim in Innsbruck oder denen der KHG in Wien. Für mich fand ich diesen Anschluss in der spirituellen Wohngemeinschaft der Unipfarre.

 

Was macht eine WG spirituell?

Die spirituelle WG ist ein Angebot der Unipfarre Innsbruck (mit offiziellem Namen „Universitätspfarre zum heiligen Clemens Maria Hofbauer") und bietet jungen Menschen und Student:innen die Möglichkeit, ein Jahr lang tiefer im Glauben zu wachsen. Sie befindet sich im sechsten Stock des ÖH-Gebäudes in der Josef-Hirn-Straße, also mitten im studentischen Zentrum Innsbrucks und direkt über den Räumlichkeiten der Unipfarre, etwa der Kapelle oder den Lernräumen.

 

 
Der größte Unterschied zu einer „normalen“ WG ist ein wöchentliches Treffen der WG-Bewohner:innen und dem Unipfarrer mit einem spirituellen Impuls, Gebet und Austausch untereinander.
 
 

 

Ein solcher Impuls kann etwa zu dem Thema Gottesbilder sein (stell ich mir Gott als alten Mann mit weißem Bart auf einer Wolke schwebend vor?), zur Sexualmoral der Kirche oder darüber, Gott in allen Dingen zu erkennen.
Weiters nimmt man als Mitbewohner:in während der Fastenzeit an Exerzitien im Alltag teil. Man bekommt also in der Vorbereitungszeit auf Ostern für jeden Tag eine Bibelstelle zugeteilt, welche man lesen und reflektieren soll. Diese geistlichen Übungen, „erfunden“ durch Ignatius von Loyola, helfen einem, in der Beziehung zu Gott zu wachsen und gestärkt im Glauben in den Alltag zu gehen.

 

Was wird gefordert?

Da das Wohnen in der spirituellen WG kostenlos (jedoch nicht umsonst) ist, wird von den Bewohner:innen ein soziales Engagement von etwa zwei bis drei Stunden pro Woche gefordert. Dies kann viele verschiedene Formen annehmen, etwa ein regelmäßiger Besuch im Altersheim, mitmachen beim Vinzibus um Personen ohne Obdach eine warme Mahlzeit auszuteilen oder ein Engagement bei der Caritas.

 

Gemeinschaftliche Unterstützung

Ebenso ist man also Bewohner:in der spirituellen WG dazu aufgerufen, sich in der Pfarre zu beteiligen und mitzuhelfen, etwa bei der Vorbereitung des Frühstücks nach den Frühmessen. Das klingt jetzt vielleicht nach viel, die „Arbeit“ teilt man sich aber mit den Mitbewohner:innen und es ist eigentlich auch keine Arbeit, sondern eher eine gemeinschaftliche Unterstützung. Man muss auch nicht immer überall dabei sein, sondern ist frei in der Entscheidung, welche Programmpunkte der Unipfarre man wahrnehmen will.


Man hat in dieser Zeit, befristet auf ein Jahr, also viele Möglichkeiten um im Glauben zu wachsen. Noch dazu sind die anderen Mitbewohner:innen wie man selbst ja am christlichen Glauben interessiert, man tauscht sich also beim gemeinsamen Kochen oder Brettspielen über die eigenen Erfahrungen und Meinungen aus und wächst zusammen.

 

Meine Erfahrungen

Ich selber hatte das Glück, dass mich ein guter Freund und Priester zu Beginn meiner Studienzeit auf dieses Angebot hingewiesen hat und durfte gleich in meinem ersten Studienjahr in der spirituellen WG wohnen. Damals waren wir drei Burschen und zwei Mädchen, und ich bin mit allen noch in gutem Kontakt. Manche zähle ich sogar zu meinen besten Freunden und wir treffen uns regelmäßig, nicht selten in der Unipfarre. Da ein Mitbewohner Theologie und eine Mitbewohnerin Religion auf Lehramt studiert haben, durfte ich durch unsere täglichen Gespräche viel über unseren Glauben lernen, und auch die regelmäßigen Treffen mit dem Universitätspfarrer habe ich sehr genossen.


Noch dazu konnte ich in der sWG (spirituelle WG), wie wir sie nannten, die Katholische Hochschuljugend und den Gospelchor der Unipfarre kennenlernen, bei welchen ich heute noch aktiv bin.

 

Spirituelle WG und Advent

Durch eine Vergrößerung der WG diesen Sommer wohnen dort mittlerweile neun Leute (keine Angst, es gibt zwei Küchen und genug Badezimmer). Die vier Burschen und fünf Mädchen begehen zurzeit gemeinsam die Vorbereitung auf Weihnachten und stellen sich geistlich auf das Fest der Geburt Jesu ein. Als sichtbares Zeichen dafür steht in der Wohnung ein Adventskranz, dessen erste Kerze im Rahmen eines spirituellen Impulses zum Thema Advent entzündet wurde. Auch ein Adventskalender darf nicht fehlen. Er ist mit den Namen der Bewohner versehen, man wechselt sich mit dem Aufmachen der Türchen ab. Dabei gibt es auch Überraschungstürchen, wovon eins zum Beispiel die Übernahme des Mülldienstes besonders versüßt.

 

 

Michael, der Theologie studiert und zurzeit in der spirituellen WG wohnt, empfindet auch die spontanen Gespräche, welche sich auf dem Gang oder in der Küche ergeben, als Bereicherung. Dabei muss es auch nicht immer um Weihnachten oder den Glauben gehen, sondern er schätzt auch die gemeinschaftliche Art und das Miteinander.
 
 


Zusätzlich gibt es in der Unipfarre in der Adventzeit Roratemessen, und im Anschluss Frühstück für die Messbesucher:innen, welches durch die spirituelle WG vorbereitet wird. Dieser Dienst an der Gemeinschaft ist bereichernd, und so kann man den Messbesucher:innen im weihnachtlichen Sinne jeden Tag ein kleines Geschenk machen.

 

Und du?

Falls auch du nun Interesse an der spirituellen WG der Unipfarre hast, kannst du hier mehr erfahren und findest auch Kontaktmöglichkeiten. Andererseits hat natürlich (leider) nicht jeder die Möglichkeit, in Innsbruck zu wohnen. Dennoch denke ich kann jede WG spirituell sein. Ein gemeinsames Tischgebet vor dem Essen etwa oder das Anzünden des Adventskranzes in der Vorweihnachtszeit können kleine Schritte sein, um Gott stärker in das alltägliche (WG-)Leben einzubinden. Ich finde es auch immer schön, wenn man in der Wohnung ein Kreuz aufhängt oder am Wohnungstürrahmen einen Segensspruch stehen hat. Eventuell könnte man sich überlegen, ob man gesammelt als WG an einem Gottesdienst teilnimmt, falls deine Mitbewohner:innen Interesse daran haben.


All das sind natürlich äußere Zeichen, die nicht automatisch heißen, dass man im Herzen eine Sehnsucht nach Gott hat. Und dafür braucht es sicherlich auch nicht zwingend einen Adventkranz oder ein Kruzifix, denn Glaube ist mehr als ein paar nette Traditionen im Jahr. Christ sein heißt für mich auch immer, in Gemeinschaft zu leben. Und auch die Wohngemeinschaft kann an Ort sein, um seinen Glauben zu leben und zu stärken.

Simeon Ryckembusch

22 Jahre alt und gebürtig aus dem wunderschönen Gmunden studiere ich in Innsbruck Medizin und Politikwissenschaft. In meiner restlichen Zeit gehe ich gerne Wandern, Klettern, Rennrad und Mountainbike fahren oder Skifahren, und ich bin aktiv in der Unipfarre Innsbruck, wo ich mit anderen jungen Christen durch ein vielseitiges Programm meinen Glauben vertiefe.

Zurück zur Übersicht
Blog kommentieren
Blog teilen