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Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at
07.09.2018 | Studienwahl | Christa Plank

Wenn ich mal groß bin, werde ich…Theologin?!

Warum Christa Theologie studiert und was sie damit machen will.

Innsbruck. Eine der seltenen lauen Sommernächte, die diese Stadt zu bieten hat. Ich befinde mich auf einer WG-Party einer Bekannten und bin in Feierlaune, auch wenn ich die wenigsten Anwesenden kenne. Doch es dauert nicht lange, da spricht mich jemand an und versucht sich in Small-Talk. Es gibt Tage, da nerven mich diese oberflächlichen Gespräche. Heute find ich es nicht schlimm, immerhin ist es ja schön, mal neue Leute kennenzulernen.

 

Bevor ich überhaupt zu Worte komme, kommt schon die allseits befürchtete Frage: „Und was machst du so?“ Da stehe ich nun und überlege einige Sekunden hin und her. Mein Gegenüber steht erwartungsvoll vor mir und wartet auf meine Antwort. Ich denke: „Vielleicht sollte ich wieder mein abgebrochenes Geschichtestudium vorschieben, um es für den heutigen Abend kurz nochmal aufleben zu lassen.“ Doch dann entscheide ich mich einfach für die Wahrheit, denn nach vier Jahren Studium wird mir diese Art von Gespräch langsam doch zu blöd.

 

Ich studiere Theologie - und bereue es kurz

„Ich studiere Theologie“, sag ich dann. Er schaut mich verwirrt an, die Musik dröhnt laut. „Sorry, hab dich nicht verstanden. Du studierst also Geografie?“ Darauf antworte ich „Nein. Ich studiere Theologie“. Die Musik ist immer noch zu laut und er brüllt schon fast: „Achso, Biologie. Da war ich auch mal in ein paar Vorlesungen.“ Da werde ich ungeduldig und will schon fast mitspielen, doch dann sage ich noch mal langsam und mit lauter Stimme: „Ich studiere T-H-E-O-L-O-G-I-E!“. Genau in diesem Moment, als ich da mit roten Wangen stehe und versuche, mein Studium laut zu buchstabieren, wird die Musik leiser und alle starren mich an. Typisch, sowas passiert mir ständig. Und ich bereue für einen kurzen Moment, dass ich nicht einfach Geschichte studiere.

 

Der Typ, der mir gegenüber steht, nickt ganz gelassen, erwidert mit einem „Okay“, verzieht sich Richtung Küche und die Musik wird (als gäbe es einen fiesen Regisseur, der so etwas auf die Minute genau plant) wieder lauter. Ich nippe an meinem Cider und bin froh über seine Reaktion, denn ich hab schon weitaus schlimmere Reaktionen erlebt.

 

 
Warum ich Theologie – oder besser gesagt, katholische Religionspädagogik – studiere, frage ich mich selbst oft, trotzdem kann ich behaupten, dass es rückblickend eine meiner besten Entscheidungen war.
 

Der Beginn dieses Studiums war für mich nicht nur Plan B, sondern eher Plan E oder F, heute bin ich über diesen „Zufall“ sehr froh!

 

 
Meinplan.at
 

"Ich kann nicht jede Bibelstelle auswendig" © Christa Plank/MEINPLAN.at

 
 

 

Ich bin weder sonderlich religiös erzogen worden, noch gehe ich jeden Sonntag in die Kirche. Dies überrascht manche Zuhörer, die sich nicht einfach mit einem „Okay“ nach meiner Antwort verziehen. Und nein, ich will auch nicht unbedingt Religionslehrerin werden oder kenne den detailreichen Inhalt einer x-beliebigen Bibelstelle auswendig, nach der man mich fragt. Auch da muss ich die meisten enttäuschen.

 

Ich kenne auch nicht jeden ehemaligen Papst beim Namen, war noch nie auf einer Pilgerreise oder bin von meiner Religion so überzeugt, dass ich alle, die an etwas anderes oder an gar nichts glauben, davon überzeugen möchte, um sie vor den quälenden Flammen des Fegefeuers zu retten.

 

Nein, so eine Theologin bin ich nicht. Und ich kann auch behaupten, dass die meisten anderen Theologie-Studierenden nicht so sind. Natürlich gibt es an unserer Fakultät manche konservative Kreise, doch die gibt es doch in jeder Studienrichtung, oder? Ich kenne nämlich auch konservative Katholiken und Katholikinnen, die Jura, Medizin, Wirtschaft oder etwas anderes studieren.

 

Viele Menschen haben eine religiöse Sehnsucht 

Nun aber eine abgekürzte Antwort auf die brennende Frage, warum ich also doch Theologie studiere. Die Kirche hat für mich vor allem eines: Macht. Im positiven Sinne. Auch wenn viele Menschen nicht mehr regelmäßig den Gottesdienst besuchen, sind die Kirche und das religiöse Leben doch irgendwie in unseren Alltag und in unserer Gesellschaft immer involviert. Und auch der Begriff „Gott“ ist immer präsent; wir fluchen über ihn, preisen, loben, bitten oder danken ihn.

 

 
Viele Menschen haben eine religiöse Sehnsucht © Ben White/Unsplash
 

Viele Menschen schicken in Not ein Stoßgebet zum Himmel © Ben White/Unsplash

 
 

 

Ich kenne viel „nicht-gläubige“ Menschen, die in manch einer Notsituation doch ein Stoßgebet in den Himmel schicken. Egal ob es nun nur eine Angewohnheit ist oder ein verborgener Glaube, viele Menschen tragen eine religiöse Sehnsucht in sich. Viele (und auch mich) beschäftigen die Fragen: Woher komme ich? Gibt es etwas Größeres? Was passiert nach dem Tod? Das Stellen dieser Fragen macht Angst und die Antworten (falls es die überhaupt gibt) sind mit einer gewissen Ohnmacht verbunden, die dich schon mal zweifeln lassen oder dir den Boden unter den Füßen weg ziehen können.

Nächstenliebe: eine der schönsten Aufgaben der Kirche © Christa Plank/MEINPLAN.at
 

Ein Grund, warum ich Theologin werden möchte: Nächstenliebe © Christa Plank/MEINPLAN.at

 

 

Nächstenliebe: eine der schönsten Aufgaben der Kirche

Ich denke, eine der wichtigen und schönsten Aufgabe der Kirche ist es (und da kommt die Macht wieder ins Spiel, die ich aber als positiv betrachten möchte), sich dieser Fragen, Ängste und Zweifel der Menschen anzunehmen. Die Menschen zu begleiten und vor allem dann da zu sein, wenn kein anderer seine Hilfe und seine Sorge anbietet.

 

Um es mal sehr christlich auszudrücken, würde ich sagen, es ist die Liebe zum oder zur Nächsten, auch wenn diese Person mir völlig fremd ist. Alle gleich zu behandeln, Option für die Armen zu ergreifen und vieles mehr. Dies bedeutet für mich nicht etwa, „Komm zu uns, weil wir haben die einzige und wahre Antwort auf deine Fragen!“, sondern eher, „Erzähl mir von dir, was macht dich aus? Wovor hast du Angst? In welche Richtung geht deine Reise? Ich begleite dich ein Stück!“

 

Kirchen-kritische Leute würden nun sagen: Wie hilft denn nun die Kirche den Armen und Schwachen, wenn der Papst in seinem goldenen Käfig im Vatikan sitzt, mehr Geld als manch ein Politiker hat, zwar über das Helfen und das Sorgen spricht, aber nicht wirklich etwas passiert?

 

Zunächst möchte ich sagen, dass innerhalb der Kirche und der einzelnen Diözesen sehr viel passiert (darüber erfährt man meistens auf der Website der Diözese etwas)! Trotzdem ist der Reichtum der Kirche, und vor allem der des Vatikans, ein starker Widerspruch zu dem, was die Kirche eigentlich lehrt – auch mich macht diese Überlegung oft wütend.

 

Praktikum in der Klinik hat überzeugt

Doch wenn ich in die Diözese Innsbruck blicke und merke, wie viel sich bewegt und wie gefragt man auch als junge Theologin ist, dann spüre ich sehr viel Hoffnung. Dann bin ich glücklich, dass mir so viele Bereiche, in denen ich später mal arbeiten kann, offenstehen.

 

Ich durfte zum Beispiel vergangenes Semester die Erfahrung eines Praktikums in der Klinikseelsorge machen, das mich sehr geprägt und beeindruckt hat. Genau dort in der Klinik, wo es um die existenziellen Fragen nach Gesundheit, Krankheit, Hoffnung, Trauer und Tod geht, spürte ich sehr wohl, dass Kirche etwas sein kann, was sich nicht unbedingt aufdrängen muss. Dort ist Kirche etwas, das von den Menschen selbst eingefordert und gebraucht wird.

 

Die Seelsorge in der Klinik öffnet Raum für Gespräche, für Wut, Trauer, aber auch für Dankbarkeit und für das Glücklichsein. Das machte mir die vielen Aspekte der Seelsorge erst bewusst.

 

 
Nächstenliebe © Matt Collamer/Unsplash
 

Nächstenliebe © Matt Collamer/Unsplash

 
 

 

Die Seelsorge öffnet einen Raum, in dem ich einfach ICH sein darf, mit all meinem Problemen, Ängsten und vergangenen Taten. Er ist nicht nur in einer Extremsituation wie  in Krankheit oder Tod gefragt, sondern auch in einer Schulklasse, bei einem Workshop mit Jugendlichen oder Erwachsenen, in Bildungshäusern, auf der Straße, im Gottesdienst oder im Urlaub. Das Feld der Theologie ist unendlich, die Bereiche der Seelsorge sind praktisch überall dort zu finden, wo auch Menschen sind, dies macht die ganze Sache extrem spannend!

 

 
Seelsorge gibt es in allen Bereichen des Lebens © Christa Plank/MEINPLAN.at
 

Seelsorge gibt es in allen Bereichen des Lebens © Christa Plank/MEINPLAN.at

 
 

 

Für mich war das Helfen am wichtigsten

Dies war nur ein kurzer Einblick in meine Gedanken zum Theologinnen-Dasein, man könnte noch viele andere Akzente setzen.

 

 
Dieser karitative, helfende Auftrag der kirchlichen Seelsorge war für mich der ausschlaggebende Punkt, warum ich mein Studium – trotz anfänglicher Unsicherheit – fortgesetzt habe und auch froh darüber bin!
 
 

 

Und trotzdem behaupte ich, dass ich der katholischen Kirche oft kritisch gegenüber stehe, als aktives Teil davon aber auch meine Meinung und Weltanschauung einbringen will, um Ideen und Vorschläge innerhalb und außerhalb dieser Institution weiterzubringen.

 

Auch wenn ich mit einigen Lehraussagen der Kirche nicht übereinstimmen kann, überwiegen jene Werte, Handlungsalternativen und Blickwinkel, die ich in meinem Leben umsetzen möchte und die mich dazu motivieren, auch mitarbeiten zu wollen.

Christa Plank

Ich bin in Innsbruck und Südtirol zuhause, singe gerne laut und überall, mag am liebsten glutenfreie Pizza mit Rucola, reagiere allergisch auf Engstirnigkeit und Ungerechtigkeit und würde gerne mal am Meer leben.

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