AAA
Abenteuer Leben. Studium. Beruf. © Sarah Staber & Stephanie Briegl / MEINPLAN.at

Alleine und nicht einsam - Alleine wohnen in Zeiten von Social Distancing

Schon zu Beginn des Jahres habe ich mich bei der Blog-Themen-Liste für diesen Artikel eingetragen. Ich dachte: Das passt zu mir. Denn ich lebe seit einigen Jahren gerne und bewusst allein. Doch plötzlich brachte Corona nicht nur das Wort „social distancing“ in meinen Wortschatz, sondern zugleich die Überlegung mit sich: Will ich wirklich ganz allein in meiner Wohnung bleiben – auf unbestimmte Zeit?

Während viele in meinem Familien- und Freundeskreis beim Partner oder den Eltern vorübergehend Quartier beziehen, ist es für mich keine Frage: Ja, natürlich bleibe ich in meiner Wohnung. Allein. Ausgestattet mit einigen Vorräten an Nahrungsmitteln und Büchern. Ganz oben auf dem Bücherstapel liegt die neue Studie über christliche Singles von Tobias Künkler, Tobias Faix und Johanna Weddigen. Wie passend.

 

 
Meine erste Erkenntnis – nach der kleinen Enttäuschung, dass Katholiken leider nicht, wie ursprünglich geplant, berücksichtigt wurden: Nicht alle, die allein leben, sind Singles und nicht alle Singles leben allein. Manche haben Kinder, andere wohnen in WGs oder im Haushalt der Eltern. Aber dennoch führt die Mehrheit der untersuchten Singles einen Einpersonenhaushalt. So wie ich.
 
 

 

Gekommen um zu bleiben

Als ich in meine Wohnung einzog, entschied ich mich ganz bewusst dafür, nicht mehr „vorläufig“ zu leben. Ich richtete erstmals mein Zuhause nicht als „Übergangsquartier“ ein. Während ich zuvor immer dachte: Ich wohne hier ja eh nur während des Studiums, der Ausbildung, bis ich in etwas Größeres ziehe ..., war jetzt mein fester Entschluss: Ich ziehe so ein, als sei es für immer – auch wenn es am Ende vielleicht nur für ein Jahr sein wird. Und ich gestalte meine Wohnung genau so, wie es zu mir und meiner aktuellen Lebenssituation passt.

 

Mein perfektes Reich

Meine eigenen 4 Wände © iStockphoto.com / MEINPLAN.at
 

Meine eigenen 4 Wände © iStockphoto.com / MEINPLAN.at

 

Positiv war, dass ich meine vier Wände vom ersten Moment an liebte, vor allem ihre großen Fenster im Wohnbereich. Aber auch der besondere Grundriss, der Balkon und meine offene Küche. Ich bin – wie übrigens die Mehrzahl der Umfrageteilnehmer – mit meiner Wohnsituation sehr zufrieden. In mein nahezu perfektes Reich lade ich gerne Freunde ein und liebe es zugleich, hier allein zu sein. Ich genieße die Sonntage, an denen ich einfach keine Termine und Verabredungen habe und nur Zeit auf meinem Sofa mit Blick in den Himmel verbringen kann.

 

Vielen Singles geht es wohl ganz anders. Für sie sind Sonntage und Urlaub Horror. Und gerade weil sie fürchten einsam in den eigenen vier Wänden zu sitzen, stecken sie eine Menge Energie in die Organisation von Sozialkontakten oder ehrenamtliches Engagement.

 

Allein oder einsam?

Alleinsein und Einsamkeit scheinen irgendwie zusammenzuhängen und doch nicht zwingend voneinander abzuhängen. Für mich kann ich sagen: Ich lebe allein, aber ich fühle mich äußerst selten einsam. Warum das so ist? Mein spontaner Gedanke: Veranlagung, aber auch Übung. Denn es gab – nach einer Beziehung – eine Phase, in der ich genau dies erst wieder trainieren musste. Ich habe bewusst Zeit allein verbracht. Zunächst nur eine oder zwei Stunden, gut geplant. Dann bin ich sogar allein verreist. Die Frage, die mich antrieb, war: Halte ich es mit mir allein aus?

 

Für mich!

Backen für mich, nicht für andere © iStockphoto.com / MEINPLAN.at
 

Ich mach das alles für mich, nicht für andere© iStockphoto.com / MEINPLAN.at

 

Inzwischen muss ich sagen: sehr gut sogar. Vielleicht auch, weil ich, wenn der Bücherstapel zu Ende gelesen ist, noch viele andere kreative Ideen habe: Ich liebe Handlettering und Sketchnotes. Aber ich bin auch eine leidenschaftliche Bäckerin. Ja, auch für mich allein. Warum soll ich nicht für mich backen?

 

Früher wollte ich durch Backen, Kochen und Putzen vor allem anderen eine Freude machen. Und habe mit Enttäuschung festgestellt, dass mein Partner auch in einer ungeputzten Wohnung ebenso glücklich gewesen wäre. Plötzlich verstand ich, dass ich die bin, die es liebt, wenn es sauber ist. Also putze ich für mich. Jede Woche ganz regelmäßig. Und freue mich.

 

gilt das Auch in Zeiten von Corona?

Beim Backen nehme ich übrigens oft nur das halbe Rezept und backe in Muffinschälchen oder kleinen Backformen. Dann gefriere ich einen Teil ein und bin immer für Besuch gerüstet. Außer in der Corona-Zeit. Hier besteht nicht nur die Gefahr, dass ich den ganzen Kuchen allein esse, sondern mich auch in anderen Bereichen des Lebens im Homeoffice gehen lasse. Ich muss ja mit niemanden vereinbaren, wann der Wecker klingeln, gegessen oder Hausarbeit erledigt werden soll. Ich muss auch nicht gestylt vor dem PC sitzen.

 

Das klingt zunächst toll. Aber es birgt natürlich auch die Gefahr, in der Strukturlosigkeit zu versinken. Deshalb treffe ich gerade in dieser Zeit mit mir selbst Verabredungen. Der Wecker klingelt um 7:00 Uhr. Ich dusche, auch wenn ich nicht vorhabe, das Haus zu verlassen. Und ich gebe meinem Tag eine gewisse Grundstruktur.

Alleine glücklich! © iStockphoto.com / MEINPLAN.at
 

Alleine glücklich! © iStockphoto.com / MEINPLAN.at.

 

Soziale Kontakte pflege ich aktuell über Messengerdienste oder Telefon. Gestern habe ich mit einem Freund telefoniert. Er meinte: „Du bist die erste, von der ich höre, dass ihr ihm Moment das Alleinsein nichts ausmacht.“ Ich bin erstaunt und teile deshalb gerne meine persönlichen Tipps für das Alleinleben – nicht nur, aber auch in der Corona-Zeit:

  • Mache Deine Wohnung zu Deinem Zuhause.
  • Lebe nicht vorläufig.
  • Genieße das Heute.
  • Tue Dinge Deinetwegen.
  • Gib Dir Struktur.

 

Ostern erstmals alleine

Ostern heuer anders © iStockphoto.com / MEINPLAN.at
 

Ostern heuer anders © iStockphoto.com / MEINPLAN.at.

 

An Ostern standen diese Tipps übrigens wirklich nochmal für mich selbst auf dem Prüfstand. Wie wird es sein, erstmals ganz allein zu feiern? Die Fenster meiner Wohnung waren geputzt und alles österlich dekoriert. Osterkerze, Schinken, Biskuitlamm, Ostereier, Wein, ... Bücher und eine Vorauswahl an Gottesdienstübertragungen, also alles, von dem ich vermutete, dass es mir ermöglicht, wirklich Ostern feiern zu können, war gerichtet.

 

Ich gab meinen Kar- und Ostertagen eine gewisse Grundstruktur, die sich natürlich schon daran orientierte, wie ich sonst – auch liturgisch – Ostern (mit-)feiere: An Gründonnerstagabend gedachte ich des Letzten Abendmahls, an Karfreitag feierte ich um 15:00 Uhr das Leiden und Sterben Jesu und in der Nacht zum Sonntag die Auferstehung. Aber zugleich versuchte ich jeden dieser Momente so zu gestalten, wie es für mich jetzt gerade passt. Wenn ich das Bedürfnis nach persönlichem Gebet hatte, schaltete ich den Livestreamgottesdienst aus, statt kniender Anbetung zur Ölbergstunde malte ich ein Bild ... Ein kleines Highlight dieses Osterfestes war das Anschneiden meines Rhabarberkuchens. Nicht der erste selbstgebackene meines Lebens, aber der erste nur für mich – in einer Mini-Form.

 

 
Natürlich hätte ich lieber Rhabarberkuchen mit meiner Familie gegessen, gerade weil ich inzwischen ahne, dass es in diesem Frühling nicht mehr möglich sein wird. Aber ich erfahre zugleich in diesen Tagen, dass es eine Ressource sein kann, allein wohnen, leben und feiern zu können.
 
Katharina Ritter-Schardt

Ich liebe Kaffee, Pfälzer Wein und meine Heimatstadt Speyer (Deutschland).

Meine Leidenschaft ist es, als Theologin, Seelsorgerin und Coach Menschen auf ihrem Lebensweg zu begleiten.

Ähnliche Beiträge
Psychologische Studierendenberatung? – Ein Interview
Weiterlesen
7 Studentenheime nahe der MedUni Wien
Weiterlesen
Trau dich! Zum Studieren in eine neue Stadt ziehen
Weiterlesen
Warum ich ein Dankbarkeits-Tagebuch führe
Weiterlesen
Zurück zur Übersicht
Blog kommentieren
Blog teilen